Die Abbaurate beschreibt die Geschwindigkeit, mit der organische oder anorganische Stoffe in Wasser oder Abwasser durch physikalische, chemische oder biologische Prozesse abgebaut werden. In der industriellen Wasser- und Abwasserbehandlung ist die Abbaurate ein wichtiger Parameter, um die Effizienz von Reinigungsprozessen zu bewerten, insbesondere im Hinblick auf die Entfernung von Schadstoffen und die Behandlung biologisch abbaubarer Substanzen.
Inhaltsverzeichnis
Technische Hintergründe
Die Abbaurate wird oft in Zusammenhang mit der biologischen Abwasserbehandlung betrachtet, bei der Mikroorganismen organische Verunreinigungen abbauen. Hier beschreibt die Abbaurate, wie schnell diese Mikroorganismen die organischen Substanzen in weniger schädliche Endprodukte wie Kohlendioxid (CO₂) und Wasser (H₂O) umwandeln. Die Geschwindigkeit dieses Prozesses hängt von mehreren Faktoren ab, darunter:
Substratkonzentration:
Höhere Konzentrationen organischer Stoffe erhöhen die Aktivität der Mikroorganismen und damit die Abbaurate, bis ein Sättigungspunkt erreicht wird.
Temperatur:
Die biologischen Abbauprozesse sind temperaturabhängig, wobei die meisten Mikroorganismen bei Temperaturen zwischen 20 °C und 35 °C am effizientesten arbeiten.
pH-Wert:
Mikroorganismen sind auf einen stabilen pH-Wert angewiesen. Bei pH-Werten außerhalb des neutralen Bereichs (6,5–7,5) kann die Abbaurate deutlich sinken.
Sauerstoffversorgung:
In aeroben Systemen (wie dem Belebtschlammverfahren) ist eine ausreichende Sauerstoffzufuhr entscheidend für die Abbaurate, da Sauerstoff für den biologischen Abbau benötigt wird.
Abbaurate in der Praxis
In der Praxis wird die Abbaurate durch verschiedene Methoden gemessen, abhängig vom zu behandelnden Abwasser und den geforderten Reinigungszielen. Zwei häufig verwendete Parameter zur Bewertung der Abbaurate sind:
Biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB): Der BSB gibt an, wie viel Sauerstoff Mikroorganismen in einem definierten Zeitraum (in der Regel 5 Tage, BSB5) verbrauchen, um die im Wasser enthaltenen organischen Substanzen abzubauen. Eine hohe Abbaurate führt zu einem schnellen Sauerstoffverbrauch.
Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB): Der CSB misst die Menge an Sauerstoff, die benötigt wird, um alle organischen Verbindungen in einer Wasserprobe chemisch zu oxidieren. Obwohl er nicht ausschließlich biologische Abbauprozesse widerspiegelt, kann der CSB als Indikator für das Gesamtabbaupotenzial des Abwassers dienen.
Abbaurate in verschiedenen Prozessen
Aerobe Verfahren: In Anlagen wie Belebtschlammsysteme (z.B. ALMA BHU BIO) und Membranbioreaktoren (ALMA BHU MBR) ist die Abbaurate stark von der Sauerstoffversorgung abhängig. Hier sorgt die kontinuierliche Belüftung dafür, dass Mikroorganismen effektiv arbeiten und organische Stoffe schnell abbauen können.
Anaerobe Verfahren: In Prozessen wie der Faulschlammbehandlung (z.B. in Biogasanlagen wie der ALMA BHU GMR) arbeiten Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff. Die Abbaurate ist in anaeroben Prozessen tendenziell langsamer, aber diese Verfahren erzeugen als Nebenprodukt Biogas, das energetisch genutzt werden kann.
Chemische und physikalische Abbaurate: In Verfahren wie der Ozonierung oder der UV-Oxidation (z.B. ALMA OXI UV) werden Schadstoffe durch chemische oder physikalische Methoden abgebaut. Die Abbaurate in diesen Prozessen hängt von der Dosis des verwendeten Oxidationsmittels (z.B. Ozon) oder der Energiequelle (z.B. UV-Licht) ab.
Einfluss auf die Anlagenauslegung
Die Kenntnis der Abbaurate ist entscheidend für die Auslegung von Wasser- und Abwasserbehandlungsanlagen. Eine niedrige Abbaurate erfordert oft längere Verweilzeiten in Reaktoren oder Becken, um sicherzustellen, dass die Schadstoffe ausreichend abgebaut werden. Im Gegensatz dazu können hohe Abbauraten kleinere Beckenvolumina und kürzere Verweilzeiten ermöglichen, was zu einer kompakteren und kosteneffizienteren Anlagenauslegung führt.
Beispiel: Abbaurate in der Lebensmittelindustrie
In der Lebensmittelindustrie, insbesondere in der Molkereiwirtschaft, entstehen Abwässer mit einem hohen Gehalt an organischen Verbindungen wie Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten. Die Abbaurate dieser Stoffe in biologischen Abwasserbehandlungsanlagen ist von entscheidender Bedeutung, um die Effizienz der Anlage zu gewährleisten. Eine langsame Abbaurate kann zu einer Überlastung der biologischen Prozesse führen, weshalb eine ausreichende Belüftung und optimierte Temperaturbedingungen gewährleistet sein müssen.
Fazit
Die Abbaurate ist ein zentraler Parameter in der Wasser- und Abwasserbehandlung, der die Geschwindigkeit des Abbaus von Schadstoffen und organischen Verbindungen beschreibt. Sie beeinflusst die Auslegung und den Betrieb von Behandlungsanlagen und hängt von verschiedenen Faktoren wie Substratkonzentration, Temperatur, pH-Wert und Sauerstoffversorgung ab. Das Verständnis der Abbaurate ist entscheidend für die Optimierung von Reinigungsprozessen und die Sicherstellung der Einhaltung von Umweltauflagen in der industriellen Wasser- und Abwasseraufbereitung.