Die industrielle Oberflächenbeschichtung umfasst eine Vielzahl von Verfahren, darunter Lackierung, Galvanisierung, Pulverbeschichtung und Anodisierung, die der funktionellen und dekorativen Veredelung von Oberflächen dienen. Diese Prozesse erzeugen oft Abwässer mit komplexen und teils problematischen Inhaltsstoffen, die eine spezialisierte Abwasserbehandlung erforderlich machen. Der nachfolgende Text beschreibt die Zusammensetzung des Abwassers, typische Herausforderungen sowie bewährte technische Verfahren zur Behandlung.

Zusammensetzung des Abwassers

Das Abwasser aus Oberflächenbeschichtungsprozessen ist stark von der Art des Beschichtungsverfahrens und den eingesetzten Chemikalien abhängig. Typische Inhaltsstoffe sind:

Schwermetalle
  • Schwermetalle wie Chrom, Nickel, Zink, Kupfer oder Cadmium stammen aus galvanischen Bädern, Anodisierungsprozessen und Korrosionsschutzbeschichtungen.
  • Diese Stoffe sind toxisch und dürfen nur in sehr geringen Konzentrationen ins Abwassernetz eingeleitet werden.
Organische Stoffe
  • Organische Lösemittel, Tenside, Öle und Fette aus Reinigungsprozessen oder Lackierarbeiten.
  • In vielen Fällen sind diese Substanzen biologisch schwer abbaubar.
Komplexbildner
  • Stoffe wie EDTA oder Citrat, die in galvanischen Prozessen zur Stabilisierung von Metallionen verwendet werden, können die Abscheidung von Schwermetallen in der Abwasserbehandlung erschweren.
Säuren und Laugen
  • Abwässer aus der Vorbehandlung, wie Beizen oder Entfettung, enthalten oft starke Säuren (z. B. Schwefel- oder Salpetersäure) oder Laugen (z. B. Natron- oder Kalilauge).
  • Diese führen zu pH-Schwankungen, die neutralisiert werden müssen.
Feststoffe und Schwebstoffe
  • Partikel aus Schleif-, Polier- und Beschichtungsprozessen, wie Metallstaub oder Pigmentreste.

Phosphate

  • Häufig eingesetzt in der Vorbehandlung zur Bildung von Konversionsschichten, z. B. Zinkphosphat, die das Substrat für die Beschichtung vorbereiten.

Technische Herausforderungen

Die Behandlung von Abwasser aus der Oberflächenbeschichtung stellt hohe Anforderungen an die Anlagentechnik und das Prozessverständnis. Typische Herausforderungen sind:

Schwermetallentfernung
  • Schwermetalle dürfen nicht nur entfernt, sondern müssen auch als stabiler Schlamm abgeschieden werden, um eine Rücklösung ins Wasser zu verhindern.
Umgang mit Komplexbildnern
  • Komplexbildner erschweren die Fällung von Schwermetallen, da sie diese in löslicher Form halten. Hier sind spezifische Verfahrensstrategien erforderlich.
Chemische Vielfalt
  • Die Vielzahl der eingesetzten Chemikalien und deren mögliche Wechselwirkungen erschwert die Auswahl der optimalen Behandlungsmethoden.
pH-Schwankungen
  • Abwasserströme aus unterschiedlichen Prozessstufen weisen oft stark schwankende pH-Werte auf, die reguliert werden müssen, um die Effizienz der nachgeschalteten Behandlungsstufen sicherzustellen.
Einhaltung gesetzlicher Vorgaben
  • Strenge Grenzwerte für Schwermetalle, CSB (Chemischer Sauerstoffbedarf) und andere Parameter machen eine umfassende Abwasserbehandlung unumgänglich.

Verfahren zur Abwasserbehandlung

Die Behandlung von Abwasser aus Oberflächenbeschichtungsprozessen erfolgt in mehreren Schritten, die aufeinander abgestimmt sind. Eine Kombination mechanischer, chemisch-physikalischer und biologischer Verfahren ist oft notwendig.

1. Mechanische Vorbehandlung
  • Rechen und Siebe: Entfernung grober Partikel und Schwebstoffe.
  • Filtration: Entfernung von ungelösten Feststoffen.
  • Filterpressen: Konzentration von Schlämmen, die während des Prozesses entstehen.
Filtration zur Reduzierung der gelösten und ungelösten Stoffe

Foto: Unsere Filtrationsanlage ALMA BHU SMF in Betonbauweise für große Abwasserströme

2. Chemisch-physikalische Behandlung

Die chemisch-physikalische Behandlung stellt eine essenzielle Stufe in der industriellen Abwasserreinigung dar. Sie kombiniert chemische Reaktionen und physikalische Prozesse, um Schadstoffe gezielt zu entfernen oder ihre Eigenschaften so zu verändern, dass sie leichter separiert oder unschädlich gemacht werden können. Nachfolgend werden die zentralen Verfahren und ihre Funktionsweisen im Detail erläutert.

Neutralisation

Die Neutralisation dient der Regulierung des pH-Werts im Abwasser, insbesondere bei stark sauren oder alkalischen Abwässern, wie sie aus Beiz-, Entfettungs- oder Reinigungsprozessen stammen.

  • Funktionsweise:
    • Bei saurem Abwasser (pH < 6) wird eine Alkalizugabe wie Natronlauge (NaOH), Kalkmilch (Ca(OH)₂) oder Soda (Na₂CO₃) durchgeführt.
    • Bei alkalischem Abwasser (pH > 9) kommen Säuren wie Schwefelsäure (H₂SO₄) oder Salzsäure (HCl) zum Einsatz.
  • Prozesstechnik:
    • Moderne Anlagen arbeiten mit pH-Regelkreisen, die eine präzise Dosierung der Neutralisationschemikalien ermöglichen. Der pH-Wert wird kontinuierlich überwacht und automatisch angepasst.
  • Bedeutung:
    • Ein neutraler pH-Wert (6,5–8,5) ist entscheidend für die Effizienz nachfolgender Prozesse wie Fällung und biologische Behandlungsstufen. Zudem schützt eine korrekte Neutralisation die Anlagenmaterialien vor Korrosion.
Fällung und Flockung

Die Fällung und Flockung sind zentrale Verfahren zur Entfernung gelöster Schwermetalle, kolloidaler Verunreinigungen und anderer problematischer Stoffe.

  • Fällung:
  • Flockung:
    • Flockungsmittel, meist synthetische oder natürliche Polymere, fördern die Aggregation der gebildeten Fällungsprodukte zu größeren Flocken. Diese Partikel setzen sich leichter ab oder können in nachfolgenden Verfahren wie der Flotation entfernt werden.
  • Praxisbeispiel:
    • In der Oberflächenbehandlung wird Fällung und Flockung genutzt, um Schwermetalle aus galvanischen Abwässern oder Beizbädern effizient zu entfernen.
Redoxverfahren

Redoxverfahren sind chemische Prozesse, die die Oxidations- oder Reduktionszustände von Schadstoffen verändern, um ihre toxischen Eigenschaften zu reduzieren oder ihre Abtrennung zu erleichtern.

  • Reduktive Verfahren:
    • Chrom(VI), ein stark toxisches Schwermetall, wird häufig mit Natriumdithionit (Na₂S₂O₄) oder Schwefliger Säure zu Chrom(III) reduziert, das in Form von Chromhydroxid ausfällt.
  • Oxidative Verfahren:
    • Organische Schadstoffe oder Cyanide werden mit Oxidationsmitteln wie Wasserstoffperoxid (H₂O₂), Ozon (O₃) oder Kaliumpermanganat (KMnO₄) unschädlich gemacht.
  • Vorteile:
    • Redoxverfahren sind hochspezifisch und können gezielt auf bestimmte Schadstoffe angewendet werden. Sie bieten sich besonders für Abwässer an, die toxische oder schwer abbaubare Substanzen enthalten.
CP-Anlage zur Fällung und Flockung von Schwermetallen, AOX und Kohlenwasserstoffen von ALMAWATECH.

Foto: Unsere CP-Anlage mit Neutralisation und Aktivkohlefiltration zur Vorbehandlung von schwermetallhaltigen Abwässern vor einer Umkehrosmose

3. Dissolved Air Flotation (DAF)

Die Druckentspannungsflotation (DAF) ist ein physikalisches Verfahren, das besonders effektiv bei der Entfernung von Ölen, Fetten und fein verteilten Feststoffen ist.

  • Funktionsweise:
    • Unter Druck gelöstes Wasser, das mit Luft gesättigt wurde, wird in das Abwasser eingeleitet. Durch Druckentspannung entstehen mikroskopische Luftblasen, die an Partikel und Fette binden und diese an die Wasseroberfläche transportieren.
  • Einsatzbereiche:
    • Besonders geeignet für ölhaltige Abwässer oder Abwässer aus der Oberflächenbehandlung, wie in Lackierbetrieben.
  • Vorteile:
    • Die DAF-Technologie wie die ALMA NeoDAF bietet hohe Abscheidegrade bei minimalem Chemikalieneinsatz und kann flexibel an unterschiedliche Abwassermengen angepasst werden.

Foto: Unsere Flotationsanlage ALMA NeoDAF mit belastungsproportionaler Dosierung von Fäll- und Flockungshilfsmittel

4. Ionenaustausch

Der Ionenaustausch ist ein hochspezifisches Verfahren zur Entfernung von gelösten Ionen wie Schwermetallen oder Salzen aus dem Abwasser.

  • Funktionsweise:
    • Spezielle Harze binden gezielt Kationen (z. B. Nickel, Zink) oder Anionen (z. B. Nitrate, Sulfate) durch Austausch mit anderen Ionen (z. B. Natrium oder Chlorid).
  • Anwendung:
    • Der Ionenaustausch eignet sich ideal für die Nachbehandlung von Abwässern, um Restkonzentrationen an Schwermetallen unter die gesetzlichen Grenzwerte zu bringen.
  • Regeneration:
    • Nach Sättigung werden die Harze regeneriert, meist durch Spülung mit Säuren oder Laugen.
Abwasserbehandlungsanlage für eine Kaltwalzwerk

Foto: Unsere Mehrschichtfilter ALMA FIL mit nachgeschalteten Ionenaustauscher ALMA ION

4. Membranverfahren

Membranverfahren nutzen semipermeable Membranen, um gelöste Stoffe, Kolloide und Partikel effizient abzutrennen. Sie sind in der chemisch-physikalischen Behandlung besonders bei hohen Anforderungen an die Wasserreinheit unverzichtbar.

  • Ultrafiltration (UF):
    • Entfernt Schwebstoffe, Bakterien und Makromoleküle. Sie wird häufig als Vorstufe für andere Prozesse eingesetzt.
  • Nanofiltration (NF):
    • Abtrennung gelöster Salze und organischer Moleküle mit mittlerem Molekulargewicht.
  • Umkehrosmose (RO):
    • Einsatz bei höchstem Reinheitsbedarf, beispielsweise zur vollständigen Entfernung von gelösten Salzen, Metallen und organischen Substanzen. Das aufbereitete Wasser kann wiederverwendet werden, was Betriebskosten senkt und Ressourcen schont.
Umkehrosmoseanlage von ALMAWATECH zur Behandlung von Abwasser

Foto: Unsere Umkehrosmoseanlage für das betriebsinterne Wasserrecycling

Nachbehandlung und Kreislaufführung

Viele Unternehmen in der Oberflächenbeschichtung setzen auf Wasserrecycling, um die Kosten zu senken und Ressourcen zu schonen. Die aufbereitete Wasserqualität muss dabei den Anforderungen des Prozesses entsprechen:

  • Aktivkohlefiltration: Entfernung von organischen Reststoffen und Geruchsstoffen.
  • Polishing mittels Umkehrosmose: Herstellung von hochreinem Wasser für den Wiedereinsatz in galvanischen Bädern oder als Spülwasser.
  • UV-Desinfektion: Zerstörung mikrobiologischer Verunreinigungen, die in Recyclingkreisläufen auftreten können.

Fazit

Die Abwasserbehandlung in der Oberflächenbeschichtung ist eine technisch anspruchsvolle Aufgabe, die eine präzise Kombination von Verfahren erfordert. Neben der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben ermöglicht eine effiziente Behandlung auch die Rückgewinnung von Ressourcen und die Reduzierung von Betriebskosten.

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