Die Erzeugung von Biogas aus Abwässern ist ein effizienter und nachhaltiger Prozess, der in der industriellen Abwasserbehandlung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Besonders in der Lebensmittelindustrie, Molkereien, der Zuckerindustrie und bei der Behandlung von Flotatschlämmen bietet die Biogaserzeugung eine hervorragende Möglichkeit, organische Abfallstoffe zu verwerten und gleichzeitig Energie in Form von Methan zu gewinnen.
Inhaltsverzeichnis
Technische Hintergründe: Biogas aus Abwasser
Die anaerobe Vergärung von Abwässern und Schlämmen ist der Hauptprozess, durch den Biogas erzeugt wird. Abwässer aus der Lebensmittelverarbeitung sind besonders reich an organischen Stoffen wie Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten, die ideale Substrate für anaerobe Mikroorganismen darstellen. Unter anaeroben Bedingungen (also ohne Sauerstoff) zersetzen die Mikroorganismen diese organischen Substanzen und produzieren dabei hauptsächlich Methan (CH₄) und Kohlendioxid (CO₂). Die erzeugte Methanfraktion des Biogases kann zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden.
Die Biogasbildung erfolgt in vier Stufen:
Hydrolyse: Makromolekulare Verbindungen wie Kohlenhydrate, Fette und Proteine werden von Mikroorganismen in kleinere Moleküle wie Zucker, Fettsäuren und Aminosäuren zerlegt.
Acidogenese: In dieser Phase werden die durch die Hydrolyse entstandenen Stoffe von Mikroorganismen weiter zu flüchtigen Fettsäuren, Alkoholen, Wasserstoff und Kohlendioxid abgebaut.
Acetogenese: Flüchtige Fettsäuren und Alkohole werden zu Essigsäure, Kohlendioxid und Wasserstoff umgesetzt.
Methanogenese: In dieser letzten Phase wird Methan durch Methanbakterien aus Essigsäure, Kohlendioxid und Wasserstoff produziert. Der größte Anteil des Biogases besteht aus Methan (ca. 50-75 %) und Kohlendioxid (ca. 25-50 %).
Abwässer aus der Lebensmittelindustrie
Die Lebensmittelindustrie produziert große Mengen an organisch belastetem Abwasser, insbesondere durch die Verarbeitung von Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten. Typische Abwasserquellen sind:
Molkereien: Abwässer aus der Milchverarbeitung, wie z.B. Molke, enthalten hohe Konzentrationen an Laktose (Milchzucker) und Fett, die bei der anaeroben Vergärung zu Biogas umgewandelt werden können.
Zuckerindustrie: In der Zuckerindustrie, insbesondere bei der Verarbeitung von Zuckerrüben, entstehen stark organisch belastete Abwässer. Diese enthalten Kohlenhydrate (Zuckerreste) und Pflanzenstoffe, die ideale Substrate für die Biogasproduktion darstellen.
Fleischverarbeitende Industrie: In der Fleischverarbeitung und in Schlachthöfen fällt stark fett- und eiweißhaltiges Abwasser an, das ebenfalls als Rohstoff für die Biogasproduktion genutzt werden kann.
Getränke- und Brauindustrie: Die Getränkeindustrie, insbesondere Brauereien, produziert organisch belastetes Abwasser, das hohe Mengen an organischen Säuren und Kohlenhydraten enthält.
Foto: Biogasanlage ALMA BHU GMR für die Zuckerindustrie
Flotatschlamm
Flotatschlämme sind ein typisches Nebenprodukt der physikalisch-chemischen Vorbehandlung von industriellen Abwässern, vor allem in der Lebensmittelverarbeitung. Sie entstehen durch das Flotationsverfahren, bei dem Fette, Öle und feststoffbelastete Partikel aus dem Abwasser entfernt werden. Diese Flotatschlämme sind stark mit organischem Material beladen und bieten ein hohes Potenzial zur Biogaserzeugung.
Da Flotatschlämme oft eine hohe Konzentration an Fetten und Ölen enthalten, eignen sie sich besonders gut für die Methanproduktion, da Fette eine sehr hohe Energiedichte aufweisen und bei der Vergärung mehr Biogas pro Masseeinheit erzeugen als andere organische Stoffe.
Foto: Flotatschlamm mit einer hohen organischen Belastung. Der Flotatschlamm kann in Biogasanlagen verwertet werden (Flotationsanlage ALMA NeoDAF)
Verfahren zur Biogaserzeugung aus Abwasser
Die Erzeugung von Biogas aus industriellen Abwässern erfolgt typischerweise in Faulbehältern oder anaeroben Reaktoren. Das Abwasser oder der Schlamm wird in einem abgeschlossenen Behälter gesammelt, in dem die anaeroben Mikroorganismen die organischen Substanzen abbauen. Dieser Prozess umfasst mehrere Phasen:
Vorbehandlung des Abwassers: Vor der Vergärung müssen die Abwässer in der Regel vorbehandelt werden, um große Partikel und ungelöste Stoffe zu entfernen. Dies geschieht häufig durch mechanische Filtration oder Flotation.
Anaerobe Vergärung: In einem anaeroben Reaktor zersetzen Bakterien das organische Material unter Ausschluss von Sauerstoff. Dieser Prozess erfolgt in mehreren Schritten: Zunächst werden die komplexen organischen Stoffe durch hydrolytische Bakterien in kleinere Bestandteile zerlegt, die dann von acidogenen Bakterien in flüchtige Fettsäuren umgewandelt werden. Schließlich wandeln methanogene Bakterien die Fettsäuren in Methan und Kohlendioxid um.
Biogasnutzung: Das produzierte Biogas wird in der Regel in Blockheizkraftwerken (BHKW) genutzt, um elektrische Energie und Wärme zu erzeugen, die für den Betrieb der Anlage selbst oder zur Deckung des Energiebedarfs des Produktionsbetriebs genutzt werden kann.
Foto: Biogasanlage ALMA BHU GMR mit Nachbehandlung und Biomasserückführung
Vorteile der Biogasproduktion aus Abwasser
Energiegewinnung: Durch die Vergärung von organisch belastetem Abwasser wird nicht nur das Abwasser gereinigt, sondern es entsteht auch Biogas, das zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden kann. Dies trägt zur Reduktion der Energiekosten bei und erhöht die Energieeffizienz des Betriebs.
Abfallreduktion: Die anaerobe Vergärung reduziert die Menge an Schlämmen, die entsorgt werden müssen, da ein Großteil der organischen Substanz in Biogas umgewandelt wird. Dies führt zu einer Kostensenkung bei der Entsorgung von Klärschlamm oder Flotatschlamm.
Nachhaltigkeit: Die Erzeugung von Biogas aus Abwasser trägt zur Kreislaufwirtschaft bei, da organische Abfälle verwertet und in erneuerbare Energie umgewandelt werden. Dies hilft Unternehmen, ihre Kohlenstoffbilanz zu verbessern und ihre Umweltauswirkungen zu reduzieren.
Verminderung von Treibhausgasemissionen: Durch die anaerobe Vergärung wird Methan, das sonst bei der natürlichen Zersetzung von organischem Material in die Atmosphäre freigesetzt würde, kontrolliert und energetisch genutzt. Dies hilft, Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Herausforderungen
Komplexität des Substrats: Abwässer aus der Lebensmittelindustrie enthalten oft fettige oder proteinhaltige Substrate, die spezielle Bakterienkulturen und angepasste Reaktoren erfordern, um eine effektive Biogasproduktion sicherzustellen.
Gasaufbereitung: Das Biogas enthält neben Methan auch Schwefelwasserstoff (H₂S) und andere Verunreinigungen, die vor der Nutzung entfernt werden müssen. Dies erfordert zusätzliche Aufbereitungstechnologien.
Fazit
Die Erzeugung von Biogas aus Abwasser, insbesondere aus der Lebensmittelindustrie, Molkereien, der Zuckerindustrie und Flotatschlämmen, stellt eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Methode dar, um organische Reststoffe in erneuerbare Energie umzuwandeln. Durch den Einsatz anaerober Reaktoren können sowohl Abwasserkosten reduziert als auch Energiekosten gesenkt werden, während gleichzeitig der CO₂-Fußabdruck des Unternehmens verringert wird.
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