Biologische Abbaubarkeit beschreibt die Fähigkeit organischer Verbindungen, durch die Stoffwechselprozesse von Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen oder Algen abgebaut zu werden. In der industriellen Wasser- und Abwasserbehandlung ist diese Eigenschaft von entscheidender Bedeutung, um die Umweltverträglichkeit von Stoffen zu bewerten und geeignete Behandlungsverfahren zu entwickeln.

Technische Grundlagen

Die biologische Abbaubarkeit wird in aerobe und anaerobe Prozesse unterteilt.

  • Aerobe Abbaubarkeit erfolgt unter Anwesenheit von Sauerstoff, wobei die Mikroorganismen organische Verbindungen zu Kohlendioxid (CO₂), Wasser (H₂O) und Biomasse umwandeln. Dieser Prozess ist in biologischen Kläranlagen, insbesondere in Belebtschlamm- oder Biofilmverfahren, weit verbreitet.

 

  • Anaerobe Abbaubarkeit findet unter Sauerstoffausschluss statt, wobei als Endprodukte Methan (CH₄), Kohlendioxid und Wasserstoff (H₂) entstehen. Anaerobe Verfahren werden insbesondere in Faultürmen oder Biogasreaktoren genutzt, um organische Stoffe abzubauen und gleichzeitig Energie in Form von Biogas zu gewinnen.

Bewertungsmethoden

In der industriellen Abwasserbehandlung wird die biologische Abbaubarkeit einer Substanz häufig durch Tests wie den Biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB₅) oder den Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) ermittelt. Der BSB₅ misst den Sauerstoffverbrauch von Mikroorganismen über einen Zeitraum von 5 Tagen und gibt einen Hinweis auf die Menge an biologisch abbaubaren organischen Stoffen im Abwasser. Ein hohes BSB₅/CSB-Verhältnis deutet auf eine gute biologische Abbaubarkeit hin, während ein niedriges Verhältnis darauf hindeutet, dass ein erheblicher Teil der organischen Verbindungen schwer oder gar nicht biologisch abbaubar ist.

Biologisch aktive Filtration zur Abwasserbehandlung

Foto: Foto unserer biologisch aktivierten Filtration, ein Kombinationsverfahren aus mechanischer Reinigung und biologischem Abbau (ALMA BHU BAF)

Rolle der Makronährstoffe

Damit Mikroorganismen organische Stoffe effizient abbauen können, benötigen sie nicht nur die zu behandelnden organischen Verbindungen (Kohlenstoffquellen), sondern auch eine ausgewogene Versorgung mit Makronährstoffen, insbesondere Stickstoff (N) und Phosphor (P), sowie Sauerstoff (O) bei aeroben Prozessen. Diese Nährstoffe spielen eine zentrale Rolle im Zellaufbau und in der Energiegewinnung der Mikroorganismen:

  • Kohlenstoff (C): Die organischen Verbindungen im Abwasser stellen die Hauptkohlenstoffquelle für die Mikroorganismen dar und dienen sowohl als Energiequelle als auch für den Aufbau von Biomasse.

  • Stickstoff (N): Wird hauptsächlich in Form von Ammonium (NH₄⁺) oder Nitrat (NO₃⁻) benötigt. Stickstoff ist essenziell für den Aufbau von Proteinen, Nukleinsäuren und Enzymen, die für das Wachstum und die Funktion der Mikroorganismen erforderlich sind.

  • Phosphor (P): Meist in Form von Phosphaten verfügbar, ist Phosphor notwendig für die Synthese von Nukleinsäuren und Adenosintriphosphat (ATP), einem zentralen Molekül für die Energieübertragung in Zellen.

Optimale Nährstoffverhältnisse

In der Praxis hat sich das C:N-Verhältnis (Kohlenstoff:Stickstoff) als entscheidender Parameter zur Beurteilung der Abbauprozesse in biologischen Anlagen etabliert. Ein häufig empfohlenes Verhältnis für einen effizienten biologischen Abbau in der industriellen Abwasserbehandlung liegt bei etwa 100:5:1. Dies bedeutet, dass auf 100 Teile organischen Kohlenstoffs etwa 5 Teile Stickstoff und 1 Teil Phosphor kommen sollten. Abweichungen von diesem Verhältnis können den Abbauprozess negativ beeinflussen:

  • Stickstoffmangel führt dazu, dass Mikroorganismen nicht ausreichend Biomasse aufbauen können, was zu einem Abfall der biologischen Aktivität führt.
  • Phosphormangel begrenzt die Energieübertragung und Zellteilung, was ebenfalls zu einem ineffizienten Abbau führt.

In der industriellen Praxis werden daher häufig Nährstoffdosierungen vorgenommen, um das optimale Nährstoffverhältnis in Abwasserbehandlungsanlagen sicherzustellen. Dies ist besonders relevant bei stark organisch belasteten Abwässern aus der Lebensmittelindustrie oder bei Abwässern, die aufgrund von Produktionsprozessen nur geringe Mengen an Stickstoff und Phosphor enthalten.

Spurenelemente in der biologischen Abbaubarkeit

Neben den Makronährstoffen sind Spurenelemente in geringen Konzentrationen notwendig, um die enzymatischen Prozesse der Mikroorganismen zu unterstützen. Diese Elemente spielen oft eine katalytische Rolle in verschiedenen biochemischen Reaktionen. Zu den wichtigsten Spurenelementen gehören:

  • Eisen (Fe): Wird als Bestandteil vieler Enzyme benötigt, insbesondere in der Elektronentransportkette und bei der Sauerstoffübertragung.

  • Zink (Zn): Ist in vielen Enzymen enthalten, die bei der Synthese von Proteinen und der DNA beteiligt sind. Zink spielt auch eine Rolle bei der Regulation des pH-Wertes in den Zellen.

  • Kupfer (Cu): Hat ebenfalls eine katalytische Funktion und ist an Redox-Reaktionen beteiligt, die für die Energiegewinnung der Mikroorganismen wichtig sind.

  • Mangan (Mn): Wirkt als Kofaktor für Enzyme, die an der Zersetzung von organischen Stoffen beteiligt sind.

  • Kobalt (Co): Ist ein Bestandteil von Vitamin B12, das in den Stoffwechselwegen von Bakterien eine Schlüsselrolle spielt, besonders bei der Synthese von Aminosäuren.

In vielen industriellen Anwendungen ist die Konzentration dieser Spurenelemente ausreichend vorhanden. In Fällen, in denen diese Elemente fehlen oder stark reduziert sind, kann dies zu einer Hemmung der biologischen Abbauprozesse führen. Hier ist es oft notwendig, diese Spurenelemente gezielt dem Abwasser zuzusetzen, um den Abbau zu optimieren.

Belüftungsbecken der ALMA BHU BIO Technologie

Foto: Belebungsbecken für den biologischen Abbau von unserem ALMA BHU BIO-Verfahren

Bewertungsmethoden

In der industriellen Abwasserbehandlung wird die biologische Abbaubarkeit einer Substanz häufig durch Tests wie den Biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB₅) oder den Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) ermittelt. Der BSB₅ misst den Sauerstoffverbrauch von Mikroorganismen über einen Zeitraum von 5 Tagen und gibt einen Hinweis auf die Menge an biologisch abbaubaren organischen Stoffen im Abwasser. Ein hohes BSB₅/CSB-Verhältnis deutet auf eine gute biologische Abbaubarkeit hin, während ein niedriges Verhältnis darauf hindeutet, dass ein erheblicher Teil der organischen Verbindungen schwer oder gar nicht biologisch abbaubar ist.

Relevanz in der Praxis

In der industriellen Abwasserbehandlung ist die Kenntnis der biologischen Abbaubarkeit von Stoffen entscheidend für die Wahl des Behandlungsverfahrens. Stoffe, die leicht biologisch abbaubar sind, können in konventionellen biologischen Anlagen, wie den Belebtschlammverfahren oder Festbettreaktoren, effizient behandelt werden. Hingegen erfordern schwer abbaubare oder toxische Substanzen, wie bestimmte Schwermetallkomplexe oder chlorierte Kohlenwasserstoffe, oft zusätzliche Verfahren wie Adsorption, chemische Oxidation (z.B. Fenton-Verfahren) oder Membranfiltration, um eine ausreichende Reduktion der Schadstoffe zu erreichen.

Die biologische Abbaubarkeit von Chemikalien, die in der Kühlwasserbehandlung oder bei der Reinigung von Membranen in Umkehrosmoseanlagen verwendet werden, ist ebenfalls von Bedeutung. Produkte wie Biozide oder Antiscalante müssen so ausgewählt werden, dass sie nicht nur effektiv im Einsatz sind, sondern auch nach der Verwendung abgebaut oder sicher entfernt werden können, um Umweltbelastungen zu minimieren.

Fazit

Die biologische Abbaubarkeit hängt nicht nur von der Art der organischen Verbindungen ab, sondern auch von einer ausgeglichenen Nährstoffverteilung. Eine ausreichende Versorgung mit Makronährstoffen wie Stickstoff und Phosphor sowie die Verfügbarkeit von essenziellen Spurenelementen ist entscheidend für den effizienten Abbau organischer Verbindungen in industriellen Abwasserbehandlungsanlagen. Optimale Nährstoffverhältnisse und die richtige Nährstoffzugabe sind daher wichtige Faktoren, um die Effizienz biologischer Reinigungsverfahren zu gewährleisten und Umweltbelastungen zu minimieren.