Die biologische Abwasserbehandlung ist ein zentrales Verfahren zur Reinigung von industriellen und kommunalen Abwässern. Sie nutzt die natürlichen Stoffwechselprozesse von Mikroorganismen, um organische Verbindungen, Nährstoffe und Schadstoffe aus dem Abwasser zu entfernen. Die biologischen Prozesse, die dabei zum Einsatz kommen, basieren auf der Fähigkeit von Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen, organische Stoffe abzubauen und in harmlose Endprodukte wie Kohlendioxid (CO₂), Wasser (H₂O) und Biomasse zu überführen. Dies geschieht unter aeroben oder anaeroben Bedingungen, abhängig von der Art des zu behandelnden Abwassers und dem gewählten Verfahren.
Inhaltsverzeichnis
Technische Grundlagen
In der industriellen Praxis erfolgt die biologische Abwasserbehandlung in verschiedenen Reaktortypen, die den biologischen Abbau optimieren. Die häufigsten Verfahren sind:
1. Aerobe biologische Abwasserbehandlung
- Hierbei werden Mikroorganismen in einem sauerstoffreichen Umfeld eingesetzt, um organische Verbindungen in Kohlendioxid, Wasser und Biomasse zu zerlegen. Zu den gängigsten Verfahren gehören das Belebtschlammverfahren, Biofilmverfahren (z.B. Tropfkörper und Festbettreaktoren) und Membranbioreaktoren (MBR).
Belebtschlammverfahren:
- In Belebtschlammbecken wird das Abwasser mit aktivem Schlamm, der eine Vielzahl von Mikroorganismen enthält, vermischt. Die Mikroorganismen bauen die organische Belastung ab, während Luft oder Sauerstoff eingeblasen wird, um die benötigte Sauerstoffversorgung sicherzustellen.
Foto: Belebungsbecken mit Denitrifikation und Nitrifikation für Abwässer aus der Lebensmittelindustrie (Verfahren: ALMA BHU BIO)
Membranbioreaktoren (MBR):
- Eine Kombination aus klassischer Belebtschlammtechnik und Membranfiltration. Diese Anlagen bieten den Vorteil, dass sie eine sehr hohe Effizienz bei der Trennung von Mikroorganismen und gereinigtem Wasser aufweisen, was insbesondere bei der Wiederverwendung von Wasser (Wasserrecycling) wichtig ist.
Foto: Kompakter Membranbioreaktor in modularer Bauweise (ALMA BIO MBR)
2. Anaerobe biologische Abwasserbehandlung
- Bei der anaeroben Behandlung arbeiten die Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff. Dieser Prozess ist insbesondere für Abwässer mit hoher organischer Belastung geeignet, z.B. aus der Lebensmittelindustrie oder der chemischen Industrie. Zu den Produkten dieser Prozesse gehören Methan, Kohlendioxid und Ammoniak. Anaerobe Verfahren sind energieeffizient, da sie keine Sauerstoffeinbringung erfordern und zusätzlich Biogas als Energiequelle erzeugen.
- Ein häufig verwendetes Verfahren ist der anaerobe Schlammfaulbehälter oder der UASB-Reaktor (Upflow Anaerobic Sludge Blanket), bei dem organische Stoffe von einem granulierten anaeroben Schlamm abgebaut werden.
Foto: anaerobe Behandlung im Biogasreaktor ALMA BHU GMR
Relevanz in der Praxis
Die biologische Abwasserbehandlung ist ein kosteneffizientes und umweltfreundliches Verfahren zur Entfernung von organischen Stoffen, Nährstoffen (wie Stickstoff und Phosphor) sowie Schadstoffen. Sie wird in einer Vielzahl von Industrien eingesetzt, darunter:
- Lebensmittel- und Getränkeindustrie: Diese Branche produziert große Mengen an organisch belastetem Abwasser, das effektiv durch biologische Verfahren behandelt werden kann.
- Chemische Industrie: Hier wird die biologische Behandlung eingesetzt, um organische Lösungsmittel, Tenside und andere Verbindungen abzubauen.
- Papier- und Zellstoffindustrie: Diese Industrie produziert Abwasser mit hohen Konzentrationen an organischen Stoffen und Nährstoffen, die biologisch abgebaut werden müssen.
Prozesse und Mechanismen
Organischer Abbau: Der Abbau organischer Stoffe durch Mikroorganismen erfolgt durch die Aufnahme der Verbindungen als Nährstoffe. Dabei wandeln Mikroorganismen komplexe organische Verbindungen in einfachere Moleküle um, die anschließend zu Kohlendioxid, Wasser und Biomasse abgebaut werden.
Stickstoffentfernung (Nitrifikation und Denitrifikation):
- Nitrifikation: Ammonium (NH₄⁺), das im Abwasser enthalten ist, wird unter aeroben Bedingungen durch nitrifizierende Bakterien zunächst in Nitrit (NO₂⁻) und anschließend in Nitrat (NO₃⁻) umgewandelt.
- Denitrifikation: Unter anaeroben Bedingungen reduzieren denitrifizierende Bakterien Nitrat zu gasförmigem Stickstoff (N₂), der als unschädliches Gas in die Atmosphäre entweicht.
Phosphorelimination: Der Phosphorgehalt im Abwasser kann durch biologische Phosphatelimination reduziert werden. Bestimmte Mikroorganismen speichern Phosphor in ihren Zellen als Polyphosphate, die anschließend als Schlamm aus dem System entfernt werden.
Herausforderungen und Optimierung
Obwohl die biologische Abwasserbehandlung viele Vorteile bietet, gibt es auch Herausforderungen, die in der industriellen Praxis berücksichtigt werden müssen:
Hohe Konzentrationen toxischer Stoffe: Einige Industrieabwässer enthalten toxische Substanzen (z.B. Schwermetalle, Phenole oder chlorierte Verbindungen), die die Aktivität der Mikroorganismen hemmen. In solchen Fällen müssen zusätzliche Vorbehandlungsstufen, wie chemische Fällung, Oxidation (z.B. Fenton-Verfahren) oder Membranverfahren (z.B. Umkehrosmose), eingesetzt werden, um die Schadstoffe zu entfernen oder zu verringern.
Fällungs- und Flockungsanlagen (CP-Anlagen):
- In einigen Fällen werden in Kombination mit der biologischen Abwasserbehandlung auch chemisch- physikalische Anlagen (wie der ALMA CHEM MCW) verwendet, um schwer abbaubare Stoffe zu entfernen oder das Absetzen von Feststoffen zu verbessern.
Foto: CP-Anlage zur Entfernung von biologisch schwer abbaubaren Stoffen (ALMA CHEM MCW)
Biofouling in Membransystemen:
- In biologischen Behandlungsanlagen, die in Kombination mit Membranverfahren arbeiten (z.B. MBR oder Umkehrosmose), kann es zu Biofouling kommen. Hierbei handelt es sich um die Anlagerung von Mikroorganismen und deren Stoffwechselprodukten an die Membran, was die Leistung verringert. Eine effektive Vorbehandlung, wie die biologisch aktivierte Filtration ALMA BioFil Compact oder der ALMA BHU BAF, kann helfen, die Restbelastungen organischer Stoffe zu entfernen und das Biofouling zu minimieren.
Foto: Biologisch aktivierte Filtration in Betonbauweise mit Tonperlen als Aufwuchsträger und Filtermaterial (ALMA BHU BAF)
Fazit
Die biologische Abwasserbehandlung stellt eine zentrale Technologie zur Reinigung von Abwässern in der Industrie dar. Sie nutzt die natürlichen Fähigkeiten von Mikroorganismen, um organische Stoffe und Nährstoffe abzubauen, und bietet dabei eine kosteneffiziente, nachhaltige und umweltfreundliche Lösung. Durch die Kombination verschiedener biologischer, chemischer und physikalischer Verfahren kann die Effizienz weiter gesteigert und auf die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Industrie abgestimmt werden.
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