Der mikrobielle Abbau ist ein zentraler Prozess in der Wasser- und Abwasserbehandlung, bei dem organische Stoffe durch Mikroorganismen in einfachere Verbindungen zerlegt werden. Diese biochemischen Prozesse sind essenziell für die Entfernung von organischen Verunreinigungen, Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor sowie schädlichen Substanzen aus Abwässern. Der mikrobielle Abbau findet unter verschiedenen Bedingungen statt, die maßgeblich von der Verfügbarkeit von Sauerstoff und anderen Elektronenakzeptoren beeinflusst werden.

Die drei Hauptformen des mikrobiellen Abbaus – aerob, anaerob und anoxisch – spielen eine entscheidende Rolle in biologischen Behandlungssystemen wie Belebtschlammverfahren, anaeroben Reaktoren (Biogasanlagen) und Biofiltrationen. Dieser Beitrag bietet eine detaillierte Erklärung der Prozesse, der technischen Hintergründe und ihrer Anwendungen in der Praxis.

Grundlagen des mikrobiellen Abbaus

Der mikrobielle Abbau basiert auf den Stoffwechselaktivitäten von Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen und Archaeen. Diese Mikroorganismen nutzen organische oder anorganische Stoffe als Energiequelle und bauen diese unter bestimmten Umweltbedingungen ab.

Hauptschritte des Abbaus:
  1. Hydrolyse: Große organische Moleküle (z. B. Proteine, Kohlenhydrate) werden durch Enzyme in kleinere Einheiten zerlegt.
  2. Fermentation: Die Zerlegungsprodukte werden weiter in einfache organische Säuren, Alkohole oder Gase wie Wasserstoff und Kohlendioxid umgewandelt.
  3. Endabbau: Die Produkte werden vollständig mineralisiert (z. B. zu CO₂, H₂O, NH₃, CH₄) oder in Biomasse eingebaut.

Aerober mikrobieller Abbau

Definition und Mechanismus

Beim aeroben Abbau nutzen Mikroorganismen Sauerstoff als Elektronenakzeptor, um organische Stoffe zu oxidieren. Dieser Prozess ist besonders effizient und führt zu einer weitgehenden Mineralisierung der organischen Substanzen.

Biochemische Grundlagen:
  • Elektronenakzeptor: Molekularer Sauerstoff (O₂).
  • Hauptendprodukte: Kohlendioxid (CO₂), Wasser (H₂O) und Biomasse.
Anwendungen in der Wasser- und Abwassertechnik
  • Belebtschlammverfahren:
    Mikroorganismen in einer aeroben Umgebung oxidieren gelöste organische Stoffe (CSB, BSB). Die Biomasse wird als Belebtschlamm zurückgehalten und regelmäßig überschüssig entfernt.
  • SBR-Systeme:
    In Sequencing Batch Reaktoren erfolgt der aerobe Abbau in kontrollierten Zeitphasen.
  • Tricklingfilter und Scheibentauchkörper:
    Biofilme auf festen Medien fördern den aeroben Abbau organischer Verbindungen.
Vorteile
  • Schnelle Abbauraten.
  • Hohe Effizienz bei der Entfernung von Kohlenstoffverbindungen.
  • Produziert stabile Endprodukte (CO₂, H₂O).
Herausforderungen
  • Hoher Energieverbrauch für die Belüftung.
  • Bildung von überschüssigem Schlamm, der entsorgt werden muss.
Belebungsbecken für industrielle Abwässer aus der Zuckerindustrie

Foto: Belebungsbecken mit Denitrifikation und Nitrifikation für Abwässer aus der Lebensmittelindustrie (Verfahren: ALMA BHU BIO)

Anaerober mikrobieller Abbau

Definition und Mechanismus

Der anaerobe Abbau findet in Abwesenheit von Sauerstoff statt. Mikroorganismen nutzen alternative Elektronenakzeptoren wie Nitrat, Sulfat oder Kohlendioxid. Dieser Prozess ist langsamer als der aerobe Abbau, kann jedoch energieeffizient durchgeführt werden.

Biochemische Grundlagen
  • Elektronenakzeptoren: Kohlendioxid (CO₂), Sulfat (SO₄²⁻) oder organische Verbindungen.
  • Hauptendprodukte: Methan (CH₄), Kohlendioxid (CO₂), Wasserstoff (H₂), Schwefelwasserstoff (H₂S).
Anwendungen in der Wasser- und Abwassertechnik
  • Anaerobe Faulung:
    In Faultürmen werden organische Stoffe zu Methan und CO₂ abgebaut. Das erzeugte Biogas kann zur Energiegewinnung genutzt werden.
  • UASB-Reaktoren (Upflow Anaerobic Sludge Blanket):
    Diese Reaktoren nutzen granulierte Biomasse zur Behandlung von industriellen Abwässern mit hohen organischen Lasten.
  • EGSB-Reaktoren (Expanded Granular Sludge Bed):
    Moderne EGSB-Reaktoren nutzen den anaeroben Abbau in Kombination mit einer erweiterten hydraulischen Durchströmung, um organische Stoffe hoch effizient zu behandeln. Durch den Einsatz granularer Biomasse und optimierter Strömungsverhältnisse erreichen sie eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit und eine effektive Separation von Biomasse, ohne zusätzliche Filtrationssysteme wie Membranen. Diese Technologie bietet besondere Vorteile bei der Behandlung von hochbelasteten Abwässern, da sie eine kompakte Bauweise mit einer hohen Prozessstabilität kombiniert.
Vorteile
  • Produktion von Biogas als Energiequelle.
  • Geringe Schlammproduktion.
  • Geeignet für Abwässer mit hohen organischen Belastungen.
Herausforderungen
  • Längere Verweilzeiten erforderlich.
  • Empfindlich gegenüber Störungen (z. B. pH-Wert, Temperatur).
  • Bildung von geruchsintensiven Gasen (H₂S).
Energiegewinnung aus Abwasser, Biogas aus Abwasser

Foto: anaerobe Behandlung im Biogasreaktor ALMA BHU GMR

Anoxischer mikrobieller Abbau

Definition und Mechanismus

Der anoxische Abbau erfolgt in Abwesenheit von molekularem Sauerstoff, jedoch in Anwesenheit alternativer Elektronenakzeptoren wie Nitrat (NO₃⁻). Dieser Prozess ist entscheidend für die Entfernung von Stickstoff aus Abwässern.

Biochemische Grundlagen
  • Elektronenakzeptor: Nitrat (NO₃⁻) oder Nitrit (NO₂⁻).
  • Hauptendprodukte: Stickstoffgas (N₂), Kohlendioxid (CO₂), Wasser (H₂O).
Anwendungen in der Wasser- und Abwassertechnik
  • Denitrifikation:
    In biologischen Behandlungsstufen werden Nitrat und Nitrit in gasförmigen Stickstoff umgewandelt, der entweicht. Dies reduziert die Nährstoffbelastung in Gewässern und beugt Eutrophierung vor.
  • Hybridreaktoren:
    Systeme, die aerobe und anoxische Zonen kombinieren, um eine vollständige Stickstoffentfernung zu erreichen.
  • Belebtschlammverfahren mit intermittierender Belüftung:
    Anoxische Phasen wechseln sich mit aeroben Phasen ab, um Kohlenstoff- und Stickstoffentfernung in einem System zu kombinieren.
Vorteile
  • Effektive Stickstoffentfernung.
  • Reduktion der Nährstoffbelastung in Oberflächengewässern.
Herausforderungen
  • Erfordert eine präzise Steuerung der Umweltbedingungen (z. B. Sauerstoffgehalt).
  • Abhängigkeit von ausreichenden Kohlenstoffquellen für den Denitrifikationsprozess.
Biologische Filtration für Wasserrecyclinganlagen

Foto: Unsere Biofiltration ALMA BioFil Compact mit Nitrifikation und Denitrifikation, für das betriebsinterne Wasserrecycling

Vergleich der Abbauprozesse

Biologischer Abbau bei Abwasser, aerob, anaerob, anoxisch

Fazit

Der mikrobielle Abbau ist ein unverzichtbarer Bestandteil der industriellen Wasser- und Abwasserbehandlung. Die Wahl zwischen aeroben, anaeroben und anoxischen Prozessen hängt von den spezifischen Anforderungen des Abwassers und der Behandlungsziele ab. Während der aerobe Abbau schnelle Abbauraten und stabile Endprodukte bietet, ermöglicht der anaerobe Abbau die Energiegewinnung aus organischen Abfällen. Der anoxische Abbau spielt eine entscheidende Rolle bei der Stickstoffentfernung und trägt zur Verringerung der Nährstoffbelastung in Gewässern bei. Eine präzise Steuerung und Integration dieser Prozesse maximiert die Effizienz und Nachhaltigkeit moderner Wasseraufbereitungssysteme.

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