Die Regelung ist ein zentrales Konzept der Prozess- und Verfahrenstechnik, das die kontinuierliche Überwachung und Anpassung von Prozessen ermöglicht. In der industriellen Wasser- und Abwasserbehandlung beschreibt die Regelung die gezielte Steuerung physikalischer, chemischer und biologischer Parameter innerhalb einer Anlage, um einen stabilen, effizienten und sicheren Betrieb zu gewährleisten. Ziel der Regelung ist es, Sollwerte für bestimmte Prozessparameter zu halten oder Prozessstörungen durch dynamische Anpassung zu korrigieren.

Grundlagen der Regelungstechnik

Definition und Aufbau eines Regelkreises

Ein Regelkreis besteht aus mehreren funktionalen Elementen, die zusammenarbeiten, um einen definierten Sollwert eines Prozessparameters (z. B. pH-Wert, Temperatur, Druck oder Durchfluss) zu erreichen und zu halten. Die Hauptkomponenten eines Regelkreises sind:

  1. Regler: Das zentrale Element, das auf Basis der Messwerte die notwendigen Anpassungen berechnet.
  2. Messglied: Erfasst den Ist-Wert des Prozesses (z. B. pH-Sonde, Redoxelektrode oder Durchflusssensor).
  3. Stellglied: Führt die Anpassungen durch (z. B. Dosierpumpe, Ventil oder Motor).
  4. Prozess: Das physikalische oder chemische System, das geregelt wird.
  5. Rückführsignal: Liefert den aktuellen Ist-Wert an den Regler zurück.

Die grundlegende Funktionsweise eines Regelkreises beruht auf dem Vergleich von Soll- und Ist-Wert. Eine Abweichung (Regeldifferenz) wird erkannt und durch das Stellglied kompensiert.

Unterschied zwischen Steuerung und Regelung

Im Gegensatz zur Steuerung, die keine Rückkopplung besitzt und auf festgelegten Vorgaben basiert, ist die Regelung ein dynamischer Prozess, der auf Rückmeldungen des Systems reagiert. Dies macht die Regelung robuster gegenüber Störungen und Veränderungen im Prozess.

Anwendung der Regelung in der industriellen Wasser- und Abwasserbehandlung

Die Regelung ist in der Wasser- und Abwassertechnik unerlässlich, da viele Parameter exakt eingehalten werden müssen, um eine effektive Behandlung zu gewährleisten. Im Folgenden werden wichtige Anwendungen beschrieben:

1. Regelung des pH-Werts

Der pH-Wert ist einer der zentralen Parameter in der Wasser- und Abwasserbehandlung. Eine präzise pH-Regelung ist entscheidend für:

  • Fällung und Flockung: Die Bildung von Flocken (z. B. aus Aluminium- oder Eisenverbindungen) ist stark pH-abhängig. Ein pH-Wert außerhalb des optimalen Bereichs reduziert die Effizienz der Fällung.
  • Korrosionsschutz: Ein zu niedriger oder zu hoher pH-Wert kann zu Korrosion in Rohrleitungen und Anlagen führen.
  • Neutralisation: In vielen Prozessen, z. B. in Molkereien oder der chemischen Industrie, müssen saure oder alkalische Abwässer in Neutralisationsanlagen auf einen neutralen Bereich gebracht werden.

Die Regelung erfolgt typischerweise über einen pH-Sensor, der den Ist-Wert erfasst, und ein Dosiersystem, das Säure oder Lauge hinzufügt, um den Sollwert zu erreichen.

2. Regelung des Redoxpotentials

Das Redoxpotential ist ein Indikator für die Oxidations- oder Reduktionskraft einer Lösung. Die Regelung dieses Parameters wird häufig eingesetzt bei:

  • Desinfektionsprozessen: Steuerung der Dosierung von Oxidationsmitteln wie Chlor oder Ozon.
  • Schwermetallreduktion: Kontrolle der Reduktionsmittelzufuhr (z. B. Natriumbisulfit zur Umwandlung von Chrom(VI) zu Chrom(III)).

Ein dynamischer Regelkreis ermöglicht hier eine präzise Anpassung, um Reaktionsbedingungen zu optimieren.

Kontinuierlich betriebene Neutralisationsanlage

Foto: pH-Geregelte Dosierung von Säure und Lauge in die Reaktionsschlaufe unserer Neutralisationsanlage ALMA Neutra

3. Durchflussregelung

Die Durchflussregelung spielt eine wesentliche Rolle in der Prozesswasseraufbereitung und im Betrieb von Anlagen, insbesondere bei:

  • Membrananlagen: Die Regelung des Durchflusses ist entscheidend, um Membranschäden durch zu hohen Druck zu vermeiden und Fouling zu minimieren.
  • Dosierung von Chemikalien: Chemikalien wie Antiscalants oder Korrosionsinhibitoren müssen proportional zum Durchfluss zugegeben werden.

Durchflussmessgeräte wie Ultraschall-, elektromagnetische oder Differenzdruckmesssysteme liefern hier den Ist-Wert, während Stellventile oder Pumpen den Durchfluss regulieren.

4. Temperaturregelung

Die Regelung der Temperatur ist besonders wichtig in Prozessen wie der biologischen Abwasserbehandlung (z. B. in anaeroben Reaktoren), da Mikroorganismen empfindlich auf Temperaturschwankungen reagieren. Eine Temperaturregelung erfolgt über:

  • Wärmetauscher zur Kühlung oder Erwärmung.
  • Thermosensoren zur Überwachung des Ist-Werts.
5. Regelung der Dosierung von Fällmitteln und Flockungshilfsmitteln durch CSB-Online-Messung

Die Regelung der Dosierung von Fällmitteln und Flockungshilfsmitteln mithilfe einer CSB-Online-Messung (Chemischer Sauerstoffbedarf) ist eine fortschrittliche Methode, um die Effizienz von Fällungs- und Flockungsprozessen in der industriellen Abwasserbehandlung zu optimieren. Der CSB ist ein Maß für die Gesamtmenge an organisch oxidierbaren Stoffen im Wasser und gibt einen direkten Hinweis auf die Schmutzfracht.

Funktionsweise der Regelung:

  • Ein CSB-Online-Analysator misst kontinuierlich den Gehalt an oxidierbaren organischen Substanzen im Abwasserstrom. Die Messung erfolgt in Echtzeit und liefert präzise Daten über die aktuelle Belastung des Wassers.
  • Auf Basis der gemessenen CSB-Werte wird die Dosiermenge der Fällmittel (z. B. Eisen- oder Aluminiumsalze) und der Flockungshilfsmittel (z. B. Polymere) automatisch angepasst.
  • Der Regelkreis verwendet den gemessenen CSB-Wert als Ist-Wert, vergleicht ihn mit dem vorgegebenen Sollwert und steuert über das Dosiersystem die Zugabe der Chemikalien.

Vorteile dieser Regelung:

  • Effiziente Chemikaliennutzung: Die Dosierung wird exakt an die aktuelle Schmutzfracht angepasst, wodurch Überdosierung und unnötiger Chemikalienverbrauch vermieden werden.
  • Stabile Ablaufqualität: Durch die präzise Anpassung der Chemikalien wird eine gleichbleibend hohe Reinigungsleistung erreicht, was insbesondere bei stark schwankenden Abwasserbelastungen wichtig ist.
  • Kostensenkung: Die bedarfsgerechte Chemikalienzugabe reduziert Betriebskosten und minimiert die Schlammproduktion, da keine überschüssigen Fällmittel ungenutzt verbleiben.

Technische Umsetzung der Regelung

Regelalgorithmen

Moderne Regelkreise verwenden verschiedene Algorithmen, um die Anpassungen des Stellglieds zu berechnen. Die häufigsten Regelstrategien sind:

  • P-Regler (Proportionalregler): Stellt das Stellglied proportional zur Abweichung ein. Einfach, aber mit begrenzter Präzision.
  • PI-Regler (Proportional-Integral-Regler): Kombiniert die proportionalen Anpassungen mit einer Kompensation von systematischen Abweichungen (Offset).
  • PID-Regler (Proportional-Integral-Differential-Regler): Ergänzt die Regelung durch eine Vorhersage künftiger Änderungen, basierend auf der Änderungsrate des Ist-Werts. Ideal für dynamische Prozesse wie die Wasserbehandlung.
Integration in Prozessleitsysteme

In modernen Anlagen werden Regelkreise in SCADA-Systeme (Supervisory Control and Data Acquisition) oder DCS-Systeme (Distributed Control Systems) integriert. Diese Systeme erlauben:

  • Echtzeitüberwachung aller Regelparameter.
  • Automatische Alarme bei Überschreitung von Grenzwerten.
  • Datenaufzeichnung, um die Effizienz der Regelung zu analysieren und zu optimieren.
CSB-Online Messung im Zulauf der ALMA NeoDAF HDED für eine optimierte Fällungsmitteldosierung

Foto: CSB geregelte Dosierung von Fällmitteln und Flockungshilfsmitteln im Zulauf unserer Flotationsanlage ALMA NeoDAF

Herausforderungen und Optimierungsmöglichkeiten

Störungen im Regelkreis

Häufige Störungen in der Regelung entstehen durch:

  • Sensorfehler: Ungenauigkeiten oder Ausfälle bei pH-Sonden, Redoxelektroden oder Durchflusssensoren.
  • Trägheit des Prozesses: Verzögerungen zwischen der Stellgliederaktion und der Reaktion im Prozess.
  • Nichtlinearität: Viele wasserchemische Prozesse zeigen nichtlineares Verhalten, das einfache Regelalgorithmen überfordert.
Optimierung durch modellbasierte Regelung

Modellbasierte Regelstrategien wie die adaptive Regelung oder die prädiktive Regelung (MPC) nutzen mathematische Modelle des Prozesses, um präzisere und schnellere Anpassungen zu ermöglichen. Diese Ansätze sind besonders nützlich in komplexen Anwendungen wie der Membranfiltration oder bei biologischen Reaktoren.

Fazit

Die Regelung ist ein unverzichtbares Werkzeug in der industriellen Wasser- und Abwasserbehandlung. Sie ermöglicht die präzise Steuerung kritischer Prozessparameter wie pH-Wert, Redoxpotential, Durchfluss und Temperatur und gewährleistet so einen stabilen und effizienten Betrieb der Anlagen. Ein fundiertes Verständnis der Regelungstechnik und ihrer Anwendung ist für Ingenieure und Betreiber essenziell, um Prozessstörungen zu vermeiden, die Effizienz zu steigern und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sicherzustellen.

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