Das Schlammalter, auch als Schlammverweilzeit (SVZ) oder Mean Cell Residence Time (MCRT) bezeichnet, beschreibt die mittlere Verweildauer der biologischen Biomasse (Mikroorganismen) in einem Belebungsbecken. Es gibt an, wie lange die Mikroorganismen im Belebungssystem verbleiben, bevor sie durch Überschussschlamm ausgetragen werden. Das Schlammalter ist ein zentraler Steuerparameter in der biologischen Abwasserbehandlung, insbesondere im Belebtschlammverfahren, da es die mikrobiellen Prozesse, die Zusammensetzung der Biomasse und die Abbaueffizienz stark beeinflusst.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung des Schlammalters in der Praxis
Prozesssteuerung in der biologischen Abwasserbehandlung:
- Das Schlammalter bestimmt die Zusammensetzung der Mikroorganismenpopulation im Belebungsbecken.
- Ein niedriges Schlammalter fördert das Wachstum schnell wachsender, leicht abbaubarer Mikroorganismen.
- Ein hohes Schlammalter begünstigt den Abbau schwer abbaubarer organischer Verbindungen und die Nitrifikation durch langsam wachsende Bakterien wie Nitrosomonas und Nitrobacter.
Optimierung der Reinigungsleistung:
- Die Effizienz des organischen Abbaus und der Stickstoffentfernung hängt direkt vom Schlammalter ab.
- Ein gut kontrolliertes Schlammalter sorgt für eine stabile Prozessführung und Einhaltung gesetzlicher Grenzwerte.
Schlammproduktion:
- Das Schlammalter beeinflusst die Menge an Überschussschlamm, die in der Anlage anfällt.
- Ein höheres Schlammalter führt zu einer geringeren Überschussschlammproduktion, da mehr Biomasse intern abgebaut wird.
Berechnung des Schlammalters
Das Schlammalter wird als das Verhältnis der im System vorhandenen Biomasse zur täglich abgezogenen Biomasse berechnet. Es gibt an, wie viele Tage ein Biomassepartikel im Belebungssystem verbleibt.
Schlammalter=Masse der Biomasse im Belebungsbecken (kg TS) / Täglicher Schlammabzug (kg TS/d)
- TS: Trockensubstanz der Biomasse.
- Einheit: Tage.
Einfluss des Schlammalters auf die biologische Abwasserbehandlung
Organischer Abbau (BSB-Abbau)
- Ein Schlammalter von 2–8 Tagen wird in der Regel für den Abbau leicht abbaubarer organischer Stoffe (Biochemischer Sauerstoffbedarf, BSB) verwendet.
- Bei niedrigem Schlammalter:
- Schnelles Wachstum heterotropher Mikroorganismen.
- Höhere Überschussschlammproduktion.
Stickstoffentfernung (Nitrifikation und Denitrifikation)
- Für die vollständige Nitrifikation sind langsam wachsende nitrifizierende Bakterien erforderlich, was ein höheres Schlammalter erfordert (in der Regel 12–20 Tage).
- Hohes Schlammalter:
- Förderung von Nitrosomonas (Ammoniumoxidation) und Nitrobacter (Nitritoxidation).
- Verbesserte Stickstoffelimination in Kombination mit Denitrifikationszonen.
Phosphorentfernung
- Biologische Phosphorentfernung erfordert die Förderung von polyphosphatspeichernden Organismen (PAOs), die sich bei einem moderaten Schlammalter (ca. 5–10 Tage) optimal entwickeln.
Entfernung von schwer abbaubaren Stoffen
- Langsam wachsende Bakterien und Pilze, die komplexe oder toxische organische Verbindungen abbauen können, benötigen ein hohes Schlammalter (> 20 Tage).
Foto: Belebtschlammbecken unseres ALMA BHU BIO-Verfahrens
Betriebliche Optimierung des Schlammalters
Die Festlegung und Steuerung des Schlammalters ist ein zentraler Aspekt der Betriebsführung in biologischen Kläranlagen. Verschiedene Maßnahmen können eingesetzt werden, um das Schlammalter optimal einzustellen:
Überschussschlammabzug
- Der Abzug von Überschussschlamm ist der primäre Steuermechanismus für das Schlammalter.
- Eine erhöhte Schlammabzugsrate reduziert das Schlammalter, während eine geringere Abzugsrate das Schlammalter erhöht.
Rücklaufschlammregelung
- Der Rücklaufschlamm enthält eine hohe Konzentration aktiver Biomasse und beeinflusst somit das Schlammalter.
- Eine Erhöhung der Rücklaufquote kann das Schlammalter stabilisieren.
Einfluss der Temperatur
- Höhere Temperaturen beschleunigen das Wachstum der Mikroorganismen und erfordern ein niedrigeres Schlammalter.
- Bei niedrigen Temperaturen (z. B. im Winter) ist ein höheres Schlammalter erforderlich, um die biologische Aktivität aufrechtzuerhalten.
Belastungsschwankungen
- Schwankungen der organischen Belastung (BSB, CSB) oder der Stickstoffkonzentration erfordern eine Anpassung des Schlammalters, um die Prozessstabilität zu gewährleisten.
Probleme bei falschem Schlammalter
Ein nicht optimal eingestelltes Schlammalter kann zu erheblichen Problemen im Betrieb führen:
Zu niedriges Schlammalter
- Unzureichender Abbau organischer Stoffe und schlechte Reinigungsleistung.
- Hemmung der Nitrifikation, da langsam wachsende nitrifizierende Bakterien nicht ausreichend etabliert werden können.
- Erhöhte Überschussschlammproduktion, was zu höheren Entsorgungskosten führt.
Zu hohes Schlammalter
- Verringerte Biomasseaktivität durch Alterung der Mikroorganismen.
- Gefahr von Fadenbakterienwachstum, was zu schlechten Absetzeigenschaften des Schlamms führt (Blähschlamm).
- Anreicherung schwer abbaubarer organischer Stoffe und toxischer Substanzen.
Beispielhafte Schlammalter in der Praxis
Fazit
Das Schlammalter ist eine der zentralen Steuergrößen in der biologischen Abwasserbehandlung. Es beeinflusst direkt die Reinigungsleistung, die Zusammensetzung der Biomasse und die Überschussschlammproduktion. Ein optimal eingestelltes Schlammalter gewährleistet eine effiziente Abwasserreinigung und minimiert Betriebskosten sowie Umweltbelastungen. Die kontinuierliche Überwachung und Anpassung des Schlammalters ist daher essenziell, um eine stabile und effektive Prozessführung sicherzustellen.
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