Der Überschussschlamm ist ein zentraler Begriff in der biologischen Abwasserreinigung und tritt als Nebenprodukt bei der Behandlung von Abwässern in Belebtschlamm-Anlagen und anderen biologischen Verfahren auf. Er besteht vor allem aus Mikroorganismen, die organische Substanzen aus dem Abwasser abbauen und in Biomasse umwandeln. Da sich die Biomasse durch das Wachstum der Mikroorganismen stetig vermehrt, entsteht kontinuierlich überschüssiger Schlamm, der aus dem Reinigungssystem entfernt werden muss, um den biologischen Reinigungsprozess aufrechtzuerhalten.
In industriellen Anlagen, insbesondere in der biologischen Abwasserbehandlung, stellt die Handhabung und Behandlung von Überschussschlamm sowohl technisch als auch wirtschaftlich eine Herausforderung dar. Die richtige Behandlung ist entscheidend, um die Entsorgungskosten zu minimieren, die Umweltauswirkungen zu reduzieren und gegebenenfalls Energie und Nährstoffe zurückzugewinnen.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung von Überschussschlamm
Der Überschussschlamm entsteht in biologischen Abwasserreinigungsverfahren, bei denen Mikroorganismen organische Verbindungen aus dem Abwasser abbauen. Der Schlamm setzt sich hauptsächlich aus:
- Aktiver Biomasse:
- Lebende Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze, die organische Stoffe zersetzen und in Biomasse umwandeln.
- Inaktiver Biomasse:
- Abgestorbene Mikroorganismen, die nicht mehr am Abbauprozess teilnehmen.
- Organischen Reststoffen:
- Nicht vollständig abgebauten oder schwer abbaubaren organischen Substanzen.
- Mineralischen Bestandteilen:
- Rückständen wie Sand, Kalk oder gelösten Metallsalzen, die während des Prozesses ausfallen.
Der Schlammzuwachs ist ein natürlicher Effekt der Mikroorganismenvermehrung: Während die Mikroorganismen das Abwasser reinigen, nehmen sie die enthaltenen Nährstoffe und Energie auf und teilen sich, wodurch zusätzliche Biomasse entsteht. Je höher die organische Belastung im Abwasser, desto größer die Menge an entstehendem Überschussschlamm.
Charakteristika von Überschussschlamm
Überschussschlamm weist je nach Herkunft und biologischer Reinigungsanlage unterschiedliche Zusammensetzungen auf. Typische Merkmale sind:
- Wassergehalt: Sehr hoch, etwa 95–99 %, was zu einem großen Volumen führt.
- Trockensubstanzgehalt (TS): Schwankt je nach Anlage zwischen 0,5 % und 2 %.
- Organischer Anteil: Der Anteil organischer Substanz liegt bei etwa 60–80 % der Trockenmasse.
- Dichte: Variiert stark, abhängig von den enthaltenen Feststoffen und mineralischen Rückständen.
In der Praxis ist der Überschussschlamm ein voluminöses, wasserhaltiges Material, das vor der Entsorgung oder weiteren Verwertung behandelt und entwässert werden muss.
Foto: Überschusschlamm entsteht bei biologischen Abwasserbehandlungsanlagen, wie hier bei der aeroben Behandlung von Abwasser aus einer Raffinerie (Verfahren: ALMA BHU BIO)
Behandlung von Überschussschlamm
Die Behandlung von Überschussschlamm ist ein mehrstufiger Prozess, der darauf abzielt, das Volumen zu reduzieren, den organischen Anteil zu stabilisieren und die Entsorgungskosten zu minimieren. Die wichtigsten Schritte sind:
1. Eindickung
Vor der weiteren Behandlung wird der Überschussschlamm durch Schwerkraftsedimentation oder mechanische Verfahren wie Bandfilterpressen oder Zentrifugen eingedickt. Ziel ist es, den Wassergehalt zu reduzieren und die Feststoffkonzentration auf 4–8 % TS zu erhöhen.
2. Stabilisierung
Bei der Stabilisierung wird der organische Anteil des Schlamms abgebaut, um Gerüche zu vermeiden und die biologische Aktivität zu reduzieren. Zwei Verfahren sind üblich:
Aerobe Stabilisierung:
- Der Schlamm wird unter aeroben Bedingungen (mit Sauerstoff) behandelt, sodass die organischen Substanzen weiter abgebaut werden.
- Nachteil: Hoher Energieverbrauch durch die Belüftung.
Anaerobe Stabilisierung (Faulung):
- Der Schlamm wird unter anaeroben Bedingungen in geschlossenen Faulbehältern behandelt. Dabei entsteht Biogas (Methan und CO₂), das energetisch genutzt werden kann.
- Vorteil: Energiegewinnung durch Biogas und Reduktion des organischen Anteils um bis zu 50 %.
3. Entwässerung
Die Schlammmenge wird durch mechanische Entwässerung weiter reduziert, um die Feststoffkonzentration auf 20–30 % TS zu erhöhen. Häufig eingesetzte Verfahren sind:
- Kammerfilterpressen: Druckfiltration zur Abtrennung von Wasser.
- Zentrifugen: Nutzung der Zentrifugalkraft zur Trennung von Wasser und Feststoffen.
- Schneckenpressen: Kontinuierliches Pressen des Schlamms zur Wasserentfernung.
Die entwässerte Schlammmasse weist eine teigartige Konsistenz auf und kann kosteneffizienter entsorgt oder weiter verwertet werden.
4. Trocknung (optional)
Bei besonders hohen Anforderungen an die Volumenreduktion wird der entwässerte Schlamm zusätzlich getrocknet, wodurch der Feststoffgehalt auf bis zu 90 % TS erhöht wird. Trocknungsverfahren erfordern jedoch einen hohen Energieaufwand und werden daher nur bei speziellen Anwendungen eingesetzt.
Foto: Unsere Kammerfilterpresse ALMA CFP
Entsorgung und Verwertung von Überschussschlamm
Nach der Behandlung kann der Überschussschlamm entweder entsorgt oder stofflich bzw. energetisch verwertet werden:
Deponierung:
- Nur bei stabilisiertem und entwässertem Schlamm möglich. Aufgrund strenger Umweltauflagen ist dies jedoch zunehmend eingeschränkt.
Verbrennung:
- Thermische Verwertung zur Reduktion des Volumens und zur Energiegewinnung.
Biogasproduktion:
- In Faulbehältern erzeugtes Biogas wird in Blockheizkraftwerken (BHKWs) zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt.
Düngemittelherstellung:
- Bei entsprechenden Nährstoffgehalten kann der Schlamm nach entsprechender Aufbereitung in der Landwirtschaft verwendet werden. Hier müssen jedoch strenge Grenzwerte für Schwermetalle und Schadstoffe eingehalten werden.
Bedeutung des Überschussschlamms in der Praxis
In biologischen Abwasserbehandlungsanlagen spielt der Überschussschlamm eine zentrale Rolle:
- Betriebsstabilität: Ein kontrollierter Abzug des Überschussschlamms gewährleistet die Leistungsfähigkeit der biologischen Reinigungsprozesse.
- Kosteneffizienz: Durch Reduktion des Schlammvolumens und gezielte Verwertung können Entsorgungskosten erheblich gesenkt werden.
- Umweltverträglichkeit: Eine ordnungsgemäße Behandlung und Entsorgung des Überschussschlamms schützt die Umwelt und erfüllt gesetzliche Vorgaben.
Fazit
Überschussschlamm ist ein unvermeidbares Nebenprodukt der biologischen Abwasserreinigung. Seine Entstehung erfordert eine kontinuierliche Entfernung, Stabilisierung und Aufbereitung, um die Betriebseffizienz der Abwasserbehandlungsanlage sicherzustellen. Durch gezielte Verfahren wie Eindickung, Stabilisierung, Entwässerung und energetische Verwertung wird das Schlammvolumen reduziert und ein ökonomischer und ökologischer Umgang ermöglicht. Die energetische Nutzung von Biogas und die Reduzierung der Entsorgungskosten tragen dazu bei, dass moderne Schlammbehandlungstechnologien einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der industriellen Wassertechnik leisten.
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