Die vierte Reinigungsstufe stellt eine Erweiterung der klassischen Abwasserbehandlung dar, die über mechanische (erste Stufe), biologische (zweite Stufe) und chemisch-physikalische Verfahren (dritte Stufe) hinausgeht. Sie dient dazu, Spurenstoffe und Mikroverunreinigungen wie Arzneimittelrückstände, Hormone, Pestizide, Mikrokunststoffe oder andere organische und anorganische Verbindungen, die herkömmliche Verfahren nicht vollständig entfernen können, aus dem Abwasser zu eliminieren. Dies schützt empfindliche Gewässerökosysteme und sorgt für eine bessere Wasserqualität.
Inhaltsverzeichnis
Technologischer Hintergrund der vierten Reinigungsstufe
Die vierte Reinigungsstufe umfasst hochentwickelte Technologien, die speziell auf die Entfernung von Spurenstoffen und Mikroverunreinigungen mit geringer Konzentration, aber hoher Umweltwirkung, ausgelegt sind. Diese Stoffe, wie Arzneimittelrückstände, Hormone, Pestizide, Mikrokunststoffe oder Industriechemikalien, gelangen in das Abwasser und stellen eine ernsthafte Belastung für Gewässer und Ökosysteme dar. Die eingesetzten Verfahren kombinieren physikalische, chemische und biologische Prozesse, um eine maximale Reinigungsleistung zu erzielen.
1. Aktivkohleadsorption
Die Aktivkohleadsorption ist eine bewährte Technologie zur Entfernung organischer Schadstoffe aus dem Abwasser. Aktivkohle bindet Schadstoffe an ihrer porösen Oberfläche und entfernt sie so effektiv aus der Wasserphase.
Technologie:
- Pulveraktivkohle (PAC):
Pulverförmige Aktivkohle wird direkt in das Abwasser dosiert und anschließend durch Filtration oder Sedimentation entfernt. Dieses Verfahren eignet sich besonders für variable Belastungen, da die Dosierung flexibel an die Schadstoffkonzentration angepasst werden kann. - Granulierte Aktivkohle (GAC):
Granulierte Aktivkohle wird in fest installierten Adsorptionsfiltern verwendet. Das Abwasser fließt durch die Aktivkohlebetten, wo die Schadstoffe adsorbiert werden. GAC eignet sich für kontinuierliche Anwendungen mit stabilen Belastungen.
Anwendungsbereiche:
- Entfernung von organischen Schadstoffen wie Pestiziden, Medikamentenrückständen und Hormonen.
- Reduktion von geschmacks- und geruchsintensiven Verbindungen, insbesondere in Prozesswasserströmen.
Vorteile:
- Hohe Effektivität bei der Bindung vieler organischer Schadstoffe.
- Flexibel in bestehende Anlagen integrierbar.
- Breites Spektrum an Anwendungen, von kommunalen Kläranlagen bis hin zu industriellen Prozessen.
Nachteile:
- Aktivkohle erfordert regelmäßige Regeneration oder Ersatz, was Kosten verursacht.
- Bei stark belastetem Wasser kann der Adsorptionsprozess ineffizient werden, da die Kapazität der Aktivkohle schnell erschöpft ist.
Foto: Unsere Mehrschichtfilter ALMA FIL mit nachgeschalteten Aktivkohlefiltern ALMA FIL AK
2. Ozonung
Die Ozonung ist ein chemisches Oxidationsverfahren, das Ozon (O₃) als starkes Oxidationsmittel nutzt, um organische Schadstoffe zu zersetzen. Dabei werden komplexe Moleküle in kleinere, häufig besser biologisch abbaubare Verbindungen aufgespalten.
Technologie:
- Ozon wird durch elektrische Entladung aus Sauerstoff erzeugt und in das Abwasser eingeblasen. Dort reagiert es direkt mit Schadstoffen oder erzeugt sekundäre Oxidationsprodukte wie Hydroxylradikale, die eine noch stärkere Oxidationskraft besitzen.
- Nebenprodukte wie Bromate, die bei der Oxidation von Bromid entstehen können, müssen durch geeignete Prozesskontrollen minimiert werden.
Anwendungsbereiche:
- Entfernung von organischen Mikroverunreinigungen wie Hormonen, Medikamenten, Industriechemikalien und Pestiziden.
- Verbesserung der Abbaubarkeit schwer biologisch degradierbarer Stoffe vor der biologischen Nachbehandlung.
Vorteile:
- Sehr hohe Effizienz bei der Zersetzung organischer Schadstoffe.
- Schnelle Reaktionszeiten und einfache Integration in bestehende Abwasserbehandlungsprozesse.
Nachteile:
- Hoher Energiebedarf für die Ozonerzeugung.
- Notwendigkeit technischer Maßnahmen zur Kontrolle von Nebenprodukten wie Bromat.
3. Advanced Oxidation Processes (AOPs)
AOPs gehören zu den fortschrittlichsten Oxidationsverfahren und nutzen die Erzeugung von Hydroxylradikalen (OH•), um Schadstoffe mit hoher Reaktivität zu oxidieren. Diese Radikale zersetzen selbst hartnäckige organische Verbindungen, die durch andere Verfahren schwer oder gar nicht abbaubar sind.
Technologien:
- Ozon und Wasserstoffperoxid (O₃/H₂O₂): Die Kombination verstärkt die Bildung von Hydroxylradikalen, was die Oxidationseffizienz steigert.
- UV-Licht mit Ozon oder Wasserstoffperoxid (UV/H₂O₂): UV-Licht beschleunigt die Bildung von Hydroxylradikalen und ermöglicht die Zersetzung komplexer Moleküle.
Anwendungsbereiche:
- Abbau von persistenten organischen Schadstoffen wie Industriechemikalien, Pestiziden und Pharmazeutika.
- Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit, insbesondere in Verbindung mit nachgeschalteten biologischen Behandlungsverfahren.
Vorteile:
- Breit einsetzbar für ein breites Spektrum an Schadstoffen.
- Effektiv selbst bei sehr niedrigen Konzentrationen von Spurenstoffen.
Nachteile:
- Hoher Energieverbrauch und komplexer Betrieb.
- Erfordert eine genaue Prozessüberwachung und sorgfältige Anlagenplanung.
Foto: UV-Anlage in Verbindung mit der Dosierung von Oxidationsmitteln wie Wasserstoffperoxid zur Entfernung von Spurenstoffen (ALMA OXI UV)
4. Membranverfahren
Membranverfahren nutzen physikalische Barrieren, um Schadstoffe aus dem Abwasser zu entfernen. Besonders Nanofiltration (NF) und Umkehrosmose (RO) spielen in der vierten Reinigungsstufe eine Schlüsselrolle.
Technologie:
- Nanofiltration (NF):
Entfernt Partikel und Moleküle mittlerer Größe, einschließlich Mehrwertionen und organischer Verbindungen. - Umkehrosmose (RO):
Nutzt semipermeable Membranen, um nahezu alle gelösten Stoffe, einschließlich Salzen, Mikroverunreinigungen und organischen Schadstoffen, zurückzuhalten.
Anwendungsbereiche:
- Herstellung von hochreinem Wasser für industrielle Anwendungen.
- Entfernung von organischen Schadstoffen, Schwermetallen und Salzen aus Abwasser.
Vorteile:
- Sehr hohe Rückhalterate für Schadstoffe.
- Ermöglicht die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Wasser.
Nachteile:
- Hoher Energiebedarf durch den benötigten Druck.
- Konzentratanfall, der zusätzliche Behandlung erfordert.
Foto: Unsere Umkehrosmoseanlage ALMA OSMO zur Entfernung von Spuren- und Mikroschadstoffen
Einsatzbereiche der vierten Reinigungsstufe
Die vierte Reinigungsstufe wird vor allem in Branchen und Bereichen eingesetzt, in denen die Belastung durch Spurenstoffe besonders hoch ist oder empfindliche Gewässer geschützt werden müssen:
Industrieabwasser:
- Abwasser aus der Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie enthält häufig schwer abbaubare Verbindungen, die durch konventionelle Verfahren nicht vollständig entfernt werden können.
- Technologien wie Umkehrosmose und Aktivkohleadsorption werden eingesetzt, um die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sicherzustellen.
Kommunale Kläranlagen:
- In städtischen Kläranlagen, die Abwasser mit Arzneimittelrückständen und Mikroplastik behandeln, ist die vierte Stufe ein wichtiger Schritt, um Umweltbelastungen zu reduzieren.
Wasserwiederverwendung:
- Aufbereitung von Abwasser zur Wiederverwendung in industriellen Prozessen oder zur Bewässerung in wasserarmen Regionen.
Zukunftsperspektiven
Die Einführung der vierten Reinigungsstufe wird durch gesetzliche Vorgaben und den steigenden gesellschaftlichen Fokus auf den Gewässerschutz vorangetrieben. Zukünftige Entwicklungen umfassen:
- Optimierung der Energieeffizienz: Reduktion des Energiebedarfs bei Verfahren wie Ozonung und AOPs.
- Integration in bestehende Anlagen: Entwicklung kosteneffizienter Lösungen zur Nachrüstung bestehender Kläranlagen.
- Innovative Materialien: Weiterentwicklung von Membranen und Adsorptionsmaterialien zur besseren Bindung spezifischer Schadstoffe.
Fazit
Die vierte Reinigungsstufe stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Abwasserbehandlung dar, indem sie auf die zunehmenden Herausforderungen durch Spurenstoffe und Mikroverunreinigungen reagiert. Durch den gezielten Einsatz fortschrittlicher Technologien wie Aktivkohleadsorption, Ozonung, AOPs und Membranverfahren wird die Wasserqualität nachhaltig verbessert. Dies leistet einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Umwelt und zur Sicherung hochwertiger Wasserressourcen für kommende Generationen.
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